StipendiatInnen |
Immer wieder werden wir gefragt, wie wir unsere StipendiatInnen finden. Natürlich können wir von Deutschland aus keine Auswahlkommission in Zentralamerika einsetzen. Aber das brauchen wir auch nicht. Seit 1995 besteht zwischen der CILCA (Comunión de Iglesias Luteranas de Centro América) und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ein Partnerschaftsvertrag. Er wird durch vielfache Aktionen und Kontakte mit Leben gefüllt. Diese zentralamerikanische Kirchengemeinschaft haben wir als institutionelles Gegenüber.
In diesem Rahmen versteht sich unsere Stiftung als private Initiative. Sie ergänzt die offizielle Förderung der Kirchen in Zentralamerika, den Personaleinsatz (Fachkräfte für längere Zeit und die Arbeit der „Freiwilligen“ für ein Jahr) sowie die Entwicklungsprojekte an einer entscheidenden Stelle:
durch die Förderung junger Menschen in dieser Region, die angesichts der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, der hohen Arbeitslosigkeit, der grassierenden Armut und des weitgehend privatisierten Bildungssystems keine Chance auf Weiterbildung oder gar Studium haben. Viele Familien verfügen nicht über das Geld, um die Schul- und Studiengebühren zu bezahlen oder nur die Kosten für die täglichen Busfahrten zum Ausbildungsort aufzubringen.
In allen vier beteiligten Kirchen haben sich mittlerweile Stipendienkomitees gebildet, die die Auswahl vornehmen und die jungen Leute während ihres Studiums begleiten. Zwei Kriterien sind dabei neben der finanziellen Bedürftigkeit zu beachten: Studienwilligkeit und -fähigkeit sowie Engagement in den Gemeinden. Wir wollen Menschen fördern, die daran interessiert sind, voranzukommen und die sich in ihrer Kirche und Gesellschaft engagieren. Dazu müssen die Jugendlichen ein Bewerbungsschreiben verfassen, einen „Stipendienantrag“ ausfüllen und die Genehmigung durch ihre Kirche einholen. Die letzte Auswahl obliegt dann den Gremien der Stiftung – Beirat und Vorstand. Am Schluss des Jahres legen die StipendiatInnen einen Bericht über die schulischen oder studienbezogenen Leistungen sowie über ihr Engagement in Gemeinde und Kirche vor.
Diese Unterlagen sind die Grundlage für die Vorstellung unserer StipendiatInnen in der „Revista Informativa“ und in unserer Homepage. Die Informationen, die Sie auf diesen Seiten lesen, sind den uns übersandten Dokumenten entnommen und wurden zunächst in unserer Revista veröffentlicht. Natürlich anonymisieren wir diese „Präsentationen“, da wir die „informationelle Selbstbestimmung“ auch unserer StipendiatInnen respektieren. So lesen Sie hier nur die Vornamen und einige personenbezogene Angaben. Ausführliche Informationen sind den Mitgliedern unserer Gremien auf den „internen Seiten“ zugänglich. In der Revista erfahren Sie von den Fortschritten und Erfolgen unserer StipendiatInnen – und manchmal auch vom Ausbildungsabbruch aufgrund persönlicher Umstände oder gesellschaftsbezogener Konstellationen. Da unsere StipendiatInnen aus prekären Verhältnissen stammen, können persönliche Krankheiten oder Krankheiten von Familienmitgliedern, Schwangerschaften und Familiengründungen, Migration „al norte“ in die USA oder in den Süden nach Costa Rica, Schließungen von Fachbereichen oder ganzer Universitäten durch Regierung oder private „Bildungsunternehmen“, „Abwerbung“ und Gemeindewechsel durch aggressive fundamentalistische Sekten oder Gemeindeleiter, das vermeintlich bessere Leben auf der Straße durch Drogenhandel, Prostitution oder kriminelle Banden Grund von Studienabbruch und damit von der Beendigung der Förderung sein. All dies wollen wir nicht öffentlich erörtern – Sie merken aber am Fehlen weiterer Einträge, dass es zum Abbruch der Ausbildung und damit zu einem Ende der Förderung gekommen ist.
Trotz aller Schwierigkeiten kommt es bei der Mehrheit der Geförderten zu einem regulären Abschluss der Ausbildung, zu einer schulischen oder akademischen Graduierung (Bachillerato oder Licentiatura) oder zu einem Berufsdiplom. So beläuft sich einschließlich Jahr 2020 unsere Förderung auf 125 StipendiatInnen mit über 220.000 €. Davon stehen aktuell 45 StipendiatInnen in der Förderung, von den mittlerweile 80 Ausgeschiedenen haben 28 einen offiziellen Abschluss erreicht, 19 haben ihre Schulausbildung mit dem Bachillerato beendet, 33 mussten aus den unterschiedlichsten Gründen abbrechen. Die Berichte aller StipendiatInnen machen deutlich, welch wichtigen Beitrag wir für das Leben unserer StipendiatInnen, für ihre Familien, Kirchen und Gesellschaften leisten.
Wolfgang Döbrich