Stiftungstreffen 1. Juni 2025 |
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Sommerfest (1. Juni 2025)
Das diesjährige Sommerfest war eine Art Premiere. Im vergangenen Jahr musste es aus Krankheitsgründen abgesagt werden, diesmal sollte es „auf Sparflamme“ stattfinden – nach dem Gottesdienst zusammen mit unseren ReferentInnen nur noch eine Art Sektempfang (zum „Dank“ für alle Stiftungsmitarbeit und -spenden) mit anschließendem Kaffeetrinken, mit Beiträgen, Diskussionen und Ende gegen 13 Uhr. Leider waraus gemeindeinternen Gründen der Termin ganz nahe an den traditionellen Erscheinungstermin der Revista geraten, so dass dafür kaum geworben werden konnte. So trafen sich an die 30 Teilnehmer zusammen mit Dr. Martin Hoffmann, (10 Jahre Professor an der Universidad Bíblica/San José, und Cynthia de Johnke Fernandez (Stipendiatin mit aktuell sechsmonatigem Praktikum in der Walldorfschule Penzberg bei Familie Frey).
Im Gottesdienst wurde dem Sonntag Exaudi entsprechend das Thema Gebet angesprochen, das bei uns und in Lateinamerika ganz unterschiedlich gepflegt wird. Schon allein diese Praxis sollte zu intensiverem Austausch zwischen den Partnerkirchen führen, damit man einander mehr „ins Gebet nehmen“ kann.
Auch in der Theologie könnte es mehr gegenseitige Anregung geben. Martin Hoffmann stellte Aufstieg und Wandlung der „Befreiungstheologie“ sehr einprägsam vor: Wurzeln und Gipfelpunkt in den 1980er und 1990er Jahren (Gustavo Gutierrez´ Theologie der Befreiung erschien 1972) zu den Zeiten von Militärdiktaturen und expressiver Gewalt in Lateinamerika. In den Basisgemeinden bildeten sich Gruppen, die das durchgehende Thema der „Befreiung“ in der Bibel entdeckten. Man gewann Kraft und Widerstandsfähigkeit gegen lebensbedrohliche Strukturen.
Ein markanter Wendepunkt war dann aber der „Fall der Mauer“ in Berlin 1989, die Implosion der Sowjetunion sowie der „Neustart“ demokratischer Regierungen in Lateinamerika auch mit Beteiligung von Kirchen und Gemeinden. Er eröffnete neue Wirkungsräume für Christen in ihren Gesellschaften. Gleichzeitig erfuhren die Theologen einen wachsenden Widerstand in der katholischen Kirche (1982 wird Joseph Ratzinger Präfekt der Glaubenskongregation) mit Lehrverurteilungen und Schweigegeboten (1985 Lehr- und Redeverbot für Leonardo Boff). So wurde es zur Jahrtausendwende um die Befreiungstheologie stiller – aber die von ihr angeprangerten gesellschaftlichen Missstände blieben, bzw. konzentrierten sich mehr und mehr auf Randgruppen, die Excluidos (Ausgeschlossenen – wie immer noch die Frauen, die Indigenen, die Favela-Bewohnet, die LGBTQ-Community etc.), so dass man heute eher von einzelnen Befreiungstheologien sprechen müsse (Feministische Theologie, schwarze Theologie, Theologie der Indigenen etc.).
Das Gespräch mit der Stipendiatin Cynthia brachte dann wieder die Realität in El Salvador in den Blick, wo die Politik von Präsident Bukele zwar einerseits für Verringerung der extremen Gewalt der Jugendbanden geführt, damit aber neue Ungerechtigkeiten – willkürliche Verhaftungen) – und fragwürdige Zusammenarbeit mit der verschärften Migrationspolitik der USA in Kauf genommen hat.
Beide Impulse an diesem Vormittag hätten längere Diskussionen verdient, aber der Rahmen war nun mal gesetzt – und die nächste Revista mit Weiterbehandlung beider Punkte ist in Aussicht. Ralf Schenk beendete das Stiftungstreffen mit herzlichem Dank an alle Beteiligten, besonders aber an Annette Döbrich und das Vorbereitungsteam.
Wolfgang Döbrich